Skip to main navigation Skip to main content Skip to page footer

Citizen Entrepreneurship macht Schule

Mit NFTE lernen Jugendliche, wie sie mit ihren Ideen das Gemeinwohl stärken – Lehrkräfte erhalten Impulse für den Unterricht.

Guido Neumann (rechts im Bild) (NFTE Deutschland) und Professor Sven Ripsas (HWR Berlin) im Gespräch über Citizen Entrepreneurship und das neue Themenheft dazu. Fotos: HWR Berlin und Philipp Bauer

Was haben ein Einkaufsservice für Seniorinnen, CO₂-speichernde Rotalgen oder ein Schülerprojekt zur Belebung eines Dorfplatzes gemeinsam? Sie sind Beispiele für Citizen Entrepreneurship: unternehmerisches Handeln, das nicht nur auf Gewinn, sondern auf gesellschaftliche Wirkung zielt.

Mit ihrem neuen Themenheft „Citizen Entrepreneurship“ zeigen Guido Neumann, Geschäftsführer von NFTE – Network For Teaching Entrepreneurship Deutschland e.V., und Sven Ripsas, Professor für Entrepreneurship an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin, wie Jugendliche mit ihren Ideen Verantwortung übernehmen und ihre Lebenswelt aktiv mitgestalten.

Die Publikation richtet sich vor allem an Lehrkräfte der Sekundarstufe I und enthält Hintergrundwissen, Aufgabenblätter, Praxisbeispiele und digitale Zusatzmaterialien für den Unterricht. Im Interview mit Gründung in school sprechen Guido Neumann (NFTE) und Sven Ripsas (HWR Berlin) über ein erweitertes Verständnis von Unternehmertum, mutige Pädagogik und darüber, warum gesellschaftliche Wirkung mehr ist als wirtschaftlicher Gewinn.


Mit „Citizen Entrepreneurship“ erscheint bereits das zweite Themenheft Ihrer Reihe. Was war der Impuls und wie grenzen Sie Begriffe wie Social, Sustainable oder Citizen Entrepreneurship voneinander ab?

Neumann: Wir wollen Orientierung schaffen. Die Begriffe werden oft unscharf verwendet. Social Entrepreneurship zielt auf gesellschaftliche Wirkung, Sustainable Entrepreneurship verbindet Ökologie und Wirtschaft, Cultural Entrepreneurship bringt kreative Impulse – und Citizen Entrepreneurship steht für bürgerschaftliches Engagement, ist lokal und nicht profitorientiert.

Weitere Themenhefte zu Sustainable, Cultural oder auch Political Entrepreneurship sind geplant – je nachdem, was in der Bildungsdebatte an Relevanz gewinnt.

Ripsas: Uns geht es darum Jugendlichen zu zeigen: Du kannst Gesellschaft mitgestalten – als Gründerin/Gründer, Schülerin/Schülerin oder Aktivistin/Aktivist. Entrepreneurship heißt, Probleme erkennen und kreativ lösen. In Europa verstehen wir das breiter als im angelsächsischen Raum: Wertschöpfung kann wirtschaftlich, sozial oder kulturell sein. Genau dieses Verständnis wollen wir in Schule und Ausbildung verankern.


Wie bringen Sie dieses unternehmerische Denken in die Klassenzimmer?

Ripsas: Nicht über Theorie, sondern über Projekte. Jugendliche erleben Unternehmertum als etwas Eigenes – wenn sie etwa Spendenaktionen organisieren oder mit ihren Ideen die Gemeinde stärken. Citizen Entrepreneurship bedeutet, Verantwortung mit ökonomischem Verständnis, aber ohne Gewinnstreben zu übernehmen.

Neumann: Es geht um den mündigen Bürger, der sich einmischt. Das kann eine Bürgerinitiative sein oder ein lokales Projekt. Wichtig ist es, wirtschaftlich zu denken, ohne den sozialen Anspruch zu verlieren.


Im Fokus des Hefts steht die Frage, wie Citizen Entrepreneurship lokale Ökosysteme verändert. Welche Beispiele zeigen das besonders klar?

Neumann: Wenn ein 14-Jähriger einen Einkaufsservice für Seniorinnen organisiert oder Schülerinnen eine CO₂-lindernde Lösung mit Rotalgen entwickeln – etwa indem sie erforschen, wie ein Futterzusatz aus Rotalgen die Methanemissionen von Wiederkäuern um bis zu 80 Prozent senken kann – dann ist das gelebtes Citizen Entrepreneurship. Entscheidend ist, dass junge Menschen ihre Ideen umsetzen dürfen. Lernen passiert dann selbstorganisiert – das ist der Schlüssel. Und es braucht Lehrkräfte, die solche Prozesse ermöglichen.

Ripsas: Ob Sozialunternehmen oder Bürgerinitiative – beides ist relevant. Letztlich kommt es auf die Motivation an: Will ich ein gesellschaftliches Problem lösen? In der europäischen Perspektive ist beides Entrepreneurship. Genau diese Vielfalt verändert lokale Ökosysteme – und zwar nachhaltig. Denn die Auswirkungen solcher Projekte reichen von spürbarer Unterstützung im unmittelbaren Alltag – wie beim Einkaufsservice – bis hin zu innovativen Ideen, die globale Herausforderungen adressieren und ganze Branchen verändern können.

Die Themenhefte richten sich an Lehrkräfte. Was brauchen sie, um gesellschaftlich orientiertes Unternehmertum zu fördern?

Ripsas: Vor allem Vertrauen in sich selbst und in ein breites Verständnis von Entrepreneurship. Viele denken sofort an Start-ups und Profit. Aber es geht auch um soziale, kulturelle oder gesellschaftliche Wertschöpfung. Der Unterricht sollte an der Lebenswelt der Jugendlichen ansetzen. Lehrkräfte werden zu Lernbegleiterinnen und -begleitern. Unsere Hefte zeigen, wie das gelingen kann – praxisnah und fächerübergreifend, etwa in Wirtschaft, Informatik oder sogar in Englisch.

Education through Entrepreneurship heißt: Schülerinnen und Schüler arbeiten an eigenen Projekten und entdecken dabei, wie Lernen Relevanz bekommt.


Gibt es Rückmeldungen, dass das erste Themenheft Lehrkräfte konkret unterstützt hat?

Ripsas: Ja, besonders in Verbindung mit unseren Fortbildungen. Der Austausch hilft, Entrepreneurship neu zu denken. Viele Lehrkräfte sagen: Ich fühle mich jetzt sicherer und komme ganz anders mit den Jugendlichen ins Gespräch.

Neumann: Manche haben ihren Unterricht sogar grundlegend verändert-, weg vom Frontalunterricht, hin zu eigenständigem Arbeiten. Die Jugendlichen bestimmen, was für sie relevant ist, und entwickeln Lösungen für reale Herausforderungen. So wird Gründungsgeist erlebbar, unabhängig davon, ob die Motivation sozial, kulturell oder wirtschaftlich ist.


Über die Themenhefte von NFTE Deutschland

Mit ihren Themenheften bringt NFTE Deutschland zentrale Aspekte der Entrepreneurship Education in die Schule – praxisnah, aktuell und orientiert am Gemeinwohl. Das erste Heft „Sozial verantwortlich wirtschaften – Social Entrepreneurship“ erschien im Mai 2021 und richtet sich an Lehrkräfte der Sekundarstufe I. Es bietet fundierte Hintergrundinformationen, Interviews mit Sozialunternehmer*innen, Unterrichtsmaterialien und digitale Zusatzangebote zur direkten Anwendung im Schulalltag.

Das neue Heft „Citizen Entrepreneurship – Wie lokale Ökosysteme verändert werden“ erweitert diesen Ansatz: Es spricht gezielt junge Menschen an und zeigt, wie unternehmerisches Denken auch im öffentlichen Raum und jenseits klassischer Gründungswege Wirkung entfalten kann – ob als Schülerfirma, Bürgerinitiative oder digitale Geschäftsidee. Ergänzt durch Videos, Podcasts und Steckbriefe von jungen Changemakerinnen und -makern entsteht ein lebendiges Bild davon, wie Zukunft gestaltet werden kann – lokal, nachhaltig und engagiert.

Offiziell vorgestellt wird das Themenheft am 11. und 12. Oktober beim Bundesfinale von NFTE Deutschland im Rahmen des Entrepreneurship Summits an der Freien Universität Berlin – dort, wo sich junge Gründerinnen und Gründer, Lehrkräfte und Bildungsakteure begegnen, um die Zukunft unternehmerischer Bildung gemeinsam weiterzudenken. 

Newsletter bestellen

Bleiben Sie informiert über neue Angebote, Projekte, Lehrerfortbildungen und neue Erkenntnisse zu Entrepreneurship Education. Der Newsletter erscheint 4x im Jahr. Jetzt anmelden