Gründungsprojekte ins Klassenzimmer holen
Torsten Johanßon begleitet Jugendliche dabei, eigene Ideen zu entwickeln und mit Projekten wie SEEd gesellschaftliche Herausforderungen kreativ zu lösen.
Er ist Lehrer aus Leidenschaft und ein echtes Urgestein, wenn es um Entrepreneurship Education geht: Torsten Johanßon unterrichtet Wirtschaft und Politik am Gymnasium Lütjenburg in Schleswig-Holstein, unterstützt als regionaler Koordinator die Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft und lehrt zugleich an der Technischen Akademie Nord. Seit vielen Jahren begleitet er JUNIOR-Schülerfirmen und nimmt mit seinen Klassen regelmäßig an den Programmen von SEEd – Social Entrepreneurship Education teil – mit Erfolg. In diesem Jahr durfte ein von ihm betreutes Schulteam sogar zum YouthStart European Entrepreneurship Award nach Albanien reisen. Im Gespräch mit Gründung in school erzählt er, warum er in solchen Entrepreneurship-Education-Projekten immer wieder neue Seiten an seinen Schülerinnen und Schülern entdeckt und weshalb er Kolleginnen und Kollegen nur raten kann, sich selbst auf das Abenteuer Startup-Spirit im Klassenzimmer einzulassen.
Was hat Sie motiviert, mit Ihrer Klasse beim SEEd-Wettbewerb 2025 mitzumachen?
Die Idee entstand eigentlich aus dem Unterricht heraus. Gemeinsam mit einem Biologie-Kollegen wollte ich Wirtschaft und Naturwissenschaften verbinden. Wir haben in Jahrgangsstufe 13 ein Profilseminar angeboten, in dem die Schülerinnen und Schüler nachhaltige Geschäftsideen rund um Gesundheit und den menschlichen Körper entwickelten. Die Begeisterung war sofort da, Schülerinnen und Schüler waren sofort motiviert, eigene Projekte zu entwerfen und vor einer externen Jury zu pitchten. Als dann die SEEd-Ausschreibung kam, waren bereits Geschäftsideen und Businesspläne ausgearbeitet – beste Voraussetzungen also, um daran anzuknüpfen.
Um welche Themen ging es denn da vor allem?
Die Themen spiegelten gesellschaftliche Herausforderungen wider: Bewegungsmangel, gesunde Ernährung, Motivation im Alltag. Eine Gruppe entwickelte Gamification-Ideen, um Menschen zu mehr Bewegung zu animieren, eine andere entwarf Hörspiel-Formate, die Kindern spielerisch gesunde Essgewohnheiten vermitteln. Es war faszinierend zu sehen, wie konkret und umsetzbar ihre Ideen wurden, sobald die Jugendlichen selbst Verantwortung übernahmen.
Warum liegen Ihnen solche Projekte am Herzen?
Weil sie den Jugendlichen zeigen, dass ihre Ideen zählen. Entrepreneurship Education ermöglicht es ihnen, Verantwortung zu übernehmen, eigene Ideen zu entwickeln und Selbstwirksamkeit zu erleben – Fähigkeiten, die im regulären Fachunterricht oft zu kurz kommen. Ich gebe dabei bewusst Verantwortung ab, lasse sie eigene Probleme auswählen und Lösungen erarbeiten. So entstehen unglaublich kreative und vielfältige Ansätze, die sonst keinen Raum hätten. Mich fasziniert immer wieder, wie viel Potenzial in den Jugendlichen steckt, wenn man ihnen die Freiheit gibt, kreativ und unternehmerisch zu denken.
Welche Veränderungen oder Lerneffekte beobachten Sie bei Ihren Schülerinnen und Schülern?
Die Jugendlichen wachsen spürbar über sich hinaus. Sie übernehmen Verantwortung, kommunizieren sicherer, arbeiten selbstständiger im Team. Projekte wie SEEd fördern Kreativität und unternehmerisches Denken – und wenn sie über die Schule hinausreichen, werden die Effekte noch stärker. Wie bei unserem Schulteam, das als Gewinner des SEEd-Wettbewerbs seine Geschäftsidee beim YouthStart European Entrepreneurship Award 2025 in Albanien vorstellen durfte. Das war eine einmalige Erfahrung: Sie vernetzten sich mit Jugendlichen aus anderen Ländern, präsentierten ihre Ideen auf Englisch und erlebten, dass sie wirklich etwas bewegen können. Solche Momente stärken Selbstbewusstsein, Mut und Eigeninitiative nachhaltig.
Was raten Sie Lehrkräften, die selbst ein solches Projekt starten möchten?
Unbedingt machen! Es ist gar nicht so aufwendig, wie man denkt. Entscheidend ist der Mut, Verantwortung abzugeben und den Schülerinnen und Schülern Raum für eigene Ideen zu geben. Meine Rolle hat sich dadurch verändert: Ich bin weniger Wissensvermittler, mehr Lernbegleiter. Ich setze Meilensteine, gebe Feedback und unterstütze, aber die eigentliche Arbeit – Recherchieren, Entwickeln, Reflektieren – übernehmen die Jugendlichen selbst. Das macht den Unterricht nicht nur entspannter, sondern auch lebendiger und motivierender – für beide Seiten.
Hilfreich sind Programme wie die von SEEd, weil sie gute Materialien und Strukturen bieten und sich flexibel anpassen lassen. So werden Kompetenzen sichtbar, die im normalen Unterricht oft verborgen bleiben: Kreativität, Selbstorganisation, Teamarbeit, digitale Fähigkeiten. Und ganz nebenbei profitieren auch die Schule und ihr Umfeld: durch Kooperationen, spannende Projekte und die Erfahrung, dass Lernen weit über den Klassenraum hinauswirkt.