Mehr Gründungen durch Entrepreneurship Education
Praxisnah lernen, präsentieren und später eher gründen: Wer Entrepreneurship Education erlebt, gründet im weiteren Berufsleben häufiger ein eigenes Unternehmen. Foto: @envato
Unternehmerische Bildung gehört in den Lehrplan – möglichst früh und für alle. Eine dänische Bildungsreform zeigt, dass Unternehmertum bereits in der Schule erlernbar ist. Jugendliche, die an wirtschaftlich orientierten Schulen zusätzliche Kurse zu Innovation und Unternehmensgründung besuchen, gründen nach dem Abschluss deutlich häufiger eigene Firmen.
Die Studie „Nationwide Entrepreneurship Content in Secondary Schools: Impact on Entrepreneurial Careers“ (Strategic Entrepreneurship Journal, 2025) liefert dafür erstmals handfeste Belege. Das Team um Kristian Nielsen, Stephan Heblich und Saras D. Sarasvathy untersuchte, wie verpflichtender Entrepreneurship-Unterricht an unterschiedlichen Schultypen das Gründungsverhalten und die Karrierewege junger Menschen beeinflusst. Ihr Kernergebnis: Wer Schülerinnen und Schüler befähigt, unternehmerisch zu denken und zu handeln, stärkt nicht nur die Gründungsquote, sondern auch die Innovationskraft und Beschäftigungsfähigkeit der kommenden Generation.
Ein natürliches Experiment in Echtzeit
2005 führte Dänemark eine Reform ein, die Entrepreneurship-Unterricht für zwei Schultypen verpflichtend machte:
- Handelsschulen (Business Schools)
- Technische Schulen (Technical Schools)
Allgemeinbildende Schulen blieben unverändert und dienten als Kontrollgruppe. So entstand ein quasi-natürliches Experiment: Forschende konnten vergleichen, wie sich die Berufswahl von Schülerinnen und Schüler mit und ohne Entrepreneurship-Unterricht entwickeln.
Kleine Zahlen – große Wirkung
Die Ergebnisse sind eindeutig: Entrepreneurship Education wirkt.
Gründungsquote: Absolventinnen und Absolventen der Handelsschulen gründeten innerhalb von drei Jahren nach Abschluss zu 1,4 % ein Unternehmen gegenüber 1,0 % vor der Reform – ein relatives Plus von 40 Prozent.
Qualität der Start-ups: lagen auf dem Niveau anderer Start-ups, selbst nach der Finanzkrise 2008.
Praxisnahe Formate entscheidend: Handelsschulen, die praxisnahe Business-Skills wie Buchhaltung, Finanzierung oder Verkauf vermittelten, erzielten deutliche Effekte. Bei technische Schulen, die nur theoretisches Wissen lehrten, zeigte sich kein Anstieg der Gründungsraten.
Der Einfluss der Familie
Die Studie zeigt außerdem: Der familiäre Hintergrund verstärkt die Wirkung:
- Schülerinnen und Schüler aus Unternehmerfamilien: +1,1 Prozentpunkte Gründungswahrscheinlichkeit
- Andere Schülerinnen und Schüler: +0,3 Prozentpunkte
Schulen können fehlende Vorbilder teilweise kompensieren – eine Chance für mehr Chancengleichheit.
Langfristige Karriereeffekte
Entrepreneurship-Unterricht wirkt weit über die Schulzeit hinaus:
- Mehr Studien- und Berufsentscheidungen mit Gründungspotenzial
- Weniger Jobs in Großunternehmen, mehr in innovationsnahen Branchen
- Strategische Vorbereitung auf spätere Unternehmensgründungen
Qualität des Unterrichts entscheidet
Die Forschenden betonen: Unternehmertum ist lernbar, aber die Inhalte müssen stimmen.
- Praxisnahe, wirtschaftlich fundierte Kompetenzen wirken stärker als reine Motivationstrainings.
- Empfohlen wird ein mehrstufiges Modell: Grundkenntnisse für alle Schülerinnen und Schüler, vertiefte Angebote für besonders Interessierte.
- Frühzeitiger Unterricht schafft bessere Voraussetzungen für spätere Entrepreneurship-Programme an Hochschulen.
Entrepreneurship Education wirkt
Die dänische Studie widerlegt die Hypothese des Nobelpreisträgers Kenneth Arrow, dass Unternehmertum im Wesentlichen zufällig sei und Bildung keinen nennenswerten Einfluss habe. Stattdessen zeigt sie: Gut konzipierte Entrepreneurship Education kann die Gründungsaktivität junger Menschen messbar steigern, Karriereentscheidungen positiv beeinflussen und bestehende Ungleichheiten – etwa fehlende familiäre Vorbilder – teilweise ausgleichen.
Saras D. Sarasvathy, eine der Autorinnen, betont:
„Diese Studie liefert überzeugende Beweise dafür, dass Entrepreneurship-Bildung kein Glücksspiel ist. Sie zeigt, dass es sich lohnt, frühzeitig in hochwertige Programme zu investieren – für eine ganze Generation von Unternehmerinnen und Unternehmern.“
Über die Studie:
Analysiert wurden Daten von mehr als 160.000 Schülern aus nationalen Bildungs- und Unternehmensregistern. Erfasst wurden tatsächliche Unternehmensgründungen, nicht Selbsteinschätzungen, und beobachtet bis zu drei Jahre nach dem Schulabschluss – inklusive langfristiger Karrierewege.