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"Unternehmerische Bildung darf nicht vom Zufall abhängen"

Die Parlamentarische Staatssekretärin Gitta Connemann ist neue Vorsitzende von Gründung in school und erklärt im Interview, warum Schulen Entrepreneurship Education brauchen.

Porträt Gitta Connemann, Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium und Vorsitzende von Gründung in school

Die neue Vorsitzende des BMWE-Initiativkreises Gitta Connemann spricht im Interview mit Gründung in school über Mut als Zukunftsressource, Lust aufs Machen und die Rolle von Schulen als Orte echter Innovationsfreude. Foto: © Tom Peschel

Der BMWE-Initiativkreis Gründung in school hat eine neue Vositzende; eine, die klar sagt: Gründungsgeist muss früher anfangen. Seit Mai 2025 verantwortet Gitta Connemann als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) die Mittelstandspolitik der Bundesregierung. Jetzt übernimmt sie zusätzlich den Vorsitz unseres Initiativkreises und bringt genau das mit, was Entrepreneurship Education braucht: Erfahrung aus Mittelstand, Bildungspolitik und kommunaler Praxis und eine spürbare Begeisterung für junge Menschen, die etwas anpacken wollen.

Im Interview mit Gründung in school spricht sie darüber, warum unternehmerische Bildung nicht vom Zufall abhängen darf, weshalb Mut eine Zukunftsressource ist und wie Schulen zu Orten echter Innovationsfreude werden können. Ein Gespräch über Lust aufs Machen, über Chancen in Krisenzeiten und über die Frage, was der Mittelstand von den Schulhöfen lernen kann.


Frau Connemann, was motiviert Sie persönlich, sich für Entrepreneurship Education an Schulen zu engagieren – gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen im Mittelstand?

Ich wünsche mir, dass Gründungsgeist ansteckend wird. Gründen ist kein Schulfach – leider. Denn junge Gründungspersönlichkeitlen und Start-Ups von heute sind der Mittelstand von morgen.

Und genau da fängt es an: Wir müssen jungen Menschen Lust aufs Anpacken machen. Unternehmertum darf kein Zufall sein, sondern Teil unserer Denkweise – so selbstverständlich wie Lesen oder Rechnen.

Mich begeistert, wenn Schülerinnen und Schüler Ideen wälzen, planen, organisieren, Verantwortung übernehmen. Genau das braucht unser Land. Der Mittelstand kämpft mit Fachkräftemangel, Digitalisierung und fehlendem Nachwuchs. Und die besten Antworten darauf werden womöglich gerade auf den Schulhöfen gefunden.

Wenn Jugendliche erleben, dass sie mit einer guten Idee wirklich etwas bewegen können, entsteht Mut. Und dieser Mut ist pure Zukunftsenergie. Schule kann ein Ort sein, an dem genau das passiert: ausprobieren, scheitern, nochmal probieren – und dabei lernen, was Unternehmergeist bedeutet.

Junge Menschen sollten und müssen spüren: Ich kann etwas verändern. Wer das einmal erlebt hat, lässt sich nicht mehr bremsen – und genau solche Menschen braucht unser Mittelstand.


Welche drei Schlüsselkompetenzen sollten Schülerinnen und Schüler durch unternehmerische Bildung erwerben, um später erfolgreich und resilient im Mittelstand oder als Gründerinnen und Gründer zu sein?

Eigenverantwortung: Wer etwas aufbauen will, muss Entscheidungen treffen – selbst wenn man nicht alle Antworten kennt oder nicht alles perfekt läuft. Das ist auch Übungssache. Und genau das kann man in der Schule trainieren.

Kreativität: Unternehmerinnen und Unternehmer erkennen Chancen und suchen nach kreativen Lösungen für Probleme. Dazu gehört auch: scheitern, wieder aufstehen und weitermachen.

Teamgeist und Kommunikation: Miteinander reden und zusammenarbeiten. Niemand schafft alles allein. Wer überzeugen, im Team arbeiten und Netzwerke aufbauen kann, kommt weiter.

Diese drei Kompetenzen helfen übrigens nicht nur beim Gründen – sie sind fürs ganze Leben wichtig.


Sie engagieren sich seit vielen Jahren sowohl im Bildungsbereich als auch für den Mittelstand. Welche konkreten Wege sehen Sie, um allgemein- und berufsbildende Schulen gezielt zu Orten unternehmerischer Bildung und Innovationsfreude zu machen?

Schule sollte kein Ort sein, an dem nur Wissen vermittelt und abgerufen wird. Sondern ein Ort, an dem Zukunft ausprobiert wird. Dafür gibt es aus meiner Sicht drei gute Wege:

Mehr Praxis: Schülerfirmen, Planspiele, Start-up-Wettbewerbe machen Lernen lebendig. Wer selbst eine Idee umsetzt, lernt am besten, wie Wirtschaft funktioniert.

Lehrkräfte stark machen: Lehrkräfte müssen die Chance bekommen, Entrepreneurship Education lebendig zu vermitteln. Wenn Lehrerinnen und Lehrer selbst begeistert sind, steckt das an. Dafür brauchen sie gute Fortbildungen und Unterstützung.

Verbindung zur Wirtschaft: Mittelständische Betriebe können Schule praxisnah machen – mit Projekten, Praktika oder Mentoring. Wenn Schulen mit Betrieben aus der Region zusammenarbeiten, wird Unternehmertum greifbar.

So entsteht ein Lernraum, in dem man spürt: Ich kann etwas bewegen.


Welche Impulse wollen Sie als Vorsitzende setzen, um Entrepreneurship Education bundesweit nachhaltig zu stärken?

Mein Ziel ist klar: Entrepreneurship Education soll kein Leuchtturmprojekt bleiben, sondern selbstverständlich zu Schule und unserer Bildungslandschaft dazu gehören. Dafür setze ich auf:

Vernetzung und Sichtbarmachung: Es gibt so viele großartige Ideen und Projekte. Wir müssen sie bündeln und bekannter machen, damit andere Schulen sie übernehmen können.

Flächendeckende Verankerung: Unternehmerische Bildung darf nicht vom Zufall abhängen. Jedes Kind sollte die Chance haben, Unternehmergeist zu erleben. Dafür müssen wir mit Ländern und Schulträgern zusammenarbeiten, damit Unternehmertum überall gefördert wird.

Gemeinsamkeit: Politik, Wirtschaft und Schulen müssen an einem Tisch sitzen. Nur gemeinsam schaffen wir ein echtes Gründungs-Ökosystem.

So wird unternehmerisches Denken Teil unseres Alltags – von der Schule bis in den Mittelstand.


Wie kann Entrepreneurship Education dazu beitragen, jungen Menschen in Krisenzeiten neue Perspektiven und Zuversicht zu geben?

Krisen gehören zum Leben. Aber gerade dann ist es wichtig zu wissen: Ich bin nicht hilflos. Entrepreneurship Education hilft jungen Menschen, nicht nur Probleme zu sehen, sondern Lösungen zu finden.

Wer erlebt, dass die eigene Idee zählt, dass man selbst etwas verändern kann, gewinnt Kraft und Selbstvertrauen. Genau das ist Resilienz. Gründungsgeist heißt: „Ich packe es an!" – auch, wenn es schwierig wird. Und genau das brauchen wir in dieser Zeit.

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